Archiv des Autors: Werwohlf

Was zu Maaßen

Man kann die Führung der CDU verstehen: Was der ehemalige Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz in der Öffentlichkeit von sich gibt, entspricht kaum dem, was ein gewählter Repräsentant der Partei so sagen würde, und dann lässt er sich noch an die Spitze einer Organisation wählen, die ihre Prominenz vor allem Twitter und der journalistischen Lust an Konflikten verdankt und deren letzter Vorsitzender bereits aus der Partei ausgeschlossen wurde. Und der Werwohlf als bekennender Individualist ist keiner, dessen Ratschläge in dieser Angelegenheit besonderes Gewicht hätten.

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Was zu Zielen, Unterzielen und Mitteln

Alle sind sich einig, dass Deutschland etwas gegen die Erderwärmung tun muss. Aber warum, ist viel weniger klar als die meisten meinen.

Denn mit den knapp 2%, die Deutschland zum CO2-Ausstoß in die Atmosphäre beiträgt, lässt sich das Weltklima – und nur um dieses geht es, auch wenn diverse „Aktivisti“ gerne den Eindruck erwecken, jedes Land sei für sein Klima zuständig – kaum beeindrucken. Das dürfte noch innerhalb des Messfehlers z.B. beim chinesischen Anteil liegen… Das heißt logisch auch: Was auch immer Deutschland an Verzicht leistet – es hat praktisch keinen Einfluss auf die Erderwärmung. Um so absurder sind vor diesem Hintergrund die apokalyptischen Szenarien der von Medien und Politik liebkosten „Klima-Aktivisten“, die den auserwählten Abenteuerspielplätzen wie dem Dorf Lützerath klimatische und politische Relevanz verleihen sollen. Also ganz einfach und unbestreitbar: Deutscher Verzicht allein ändert am Weltklima – nichts.

Natürlich fällt in diesem Zusammenhang dann sofort das Argument, Deutschland müsse als Vorbild vorangehen. Nur dann (und am „nur“ hängt das Argument in Gänze) würden sich andere Staaten ebenfalls zu Verzichtsleistungen bereit sehen. Und hier kann es nicht um beliebige Staaten gehen, sondern vor allem um jene, die besonders viel CO2 freisetzen. Nur gibt es damit zwei Probleme: Zum einen leiden in einigen dieser Staaten die Menschen unter großer Armut, so dass schon allein die Forderung, sie hätten von einer Verbesserung ihrer Lage abzusehen, wahrscheinlich selbst von der autokratischsten Führung nicht gefahrlos verkündet werden könnte. Vom Appell, doch bitte noch etwas zurückzustecken, mal ganz abgesehen. Und das andere Problem besteht schlicht darin, dass diesen Staaten ziemlich wumpe ist, was Deutschland intern so treibt. Am deutschen Wesen soll wieder mal die Welt genesen, aber die sieht leider(?) keinen Grund, auch nur den Blick auf dieses seltsame Land zu lenken. Es sei denn natürlich, es fängt wieder mal einen Weltkrieg an, aber schon der Gedanke daran wäre sogar Mario Barth peinlich, so offensichtlich ist der Witz. Wer es anders sieht, nenne bitte die Fälle, in denen sich z.B. China, Indien oder die USA explizit an deutschem Verzicht orientieren würden.

Wenn das mit dem Vorbild nicht überzeugt, wird die nächste Rakete gezündet (man verzeihe die klimaschädliche Metapher): das Pariser Abkommen. Angeblich würde Deutschland es verletzen, wenn nicht irgendetwas gemacht würde, was Aktivisten gerade fordern. Richtig ist, dass sich in dem „Übereinkommen von Paris“ (und ein Übereinkommen stellt übrigens keine rechtliche Verpflichtung dar) die unterzeichnenden Staaten verpflichtet haben, die Erderwärmung „möglichst“ auf 1,5 Grad Celsius zu beschränken, aber auf deutlich unter 2 Grad Celsius. Wie die einzelnen Staaten dazu beitragen wollen, bleibt allerdings ihnen überlassen. Lassen wir hier mal beiseite, ob die „Pariser“ CO2-Begrenzungs-Mengen ausreichend wären oder nicht. Und lassen wir auch beiseite, wie umfangreich der deutsche Beitrag wirklich ist – die eingangs getroffene Feststellung gilt weiterhin. Nichts, was Deutschland tut, kann „das Klima retten“. Eine ungenügende Leistung Deutschlands veranlasst andere Staaten, auch nicht das Ihrige zu tun, lautet dann das Argument. Auch hier muss wieder daran erinnert werden, dass Bescheidenheit offenbar keine Tugend deutscher Umweltpolitik ist. Wer mehr CO2 ausstoßen will, wird das unabhängig von dem tun, was in Deutschland an Verzicht geleistet wird. Mag sein, dass deutsche Nachlässigkeit bequeme Rechtfertigungen liefert (bisher noch nicht der Fall), aber dass andere Staaten sich ihre Souveränität durch deutsche Vorgaben einschränken lassen würden, muss wohl einer ähnlichen Folklore entstammen wie der gemeinsam mit Russland anzustrebende dauerhafte Frieden in Europa. Aber wie auch immer dem sei: Forderungen, die mit dem Pariser Abkommen begründet werden, haben nicht dasselbe Gewicht wie solche, die die Erderwärmung begrenzen sollen. Denn auch eine Selbstverpflichtung, die Deutschland eingegangen ist, und die es dann durchaus kritikwürdig verfehlen kann, ändert nichts daran, dass sie als solche dem Klima egal ist. Und auch indirekte Effekte nicht erkennbar sind.

Dass das deutsche Gewicht sich nach wie vor und auch nicht durch Übereinkommen veränderbar auf die genannten knapp 2% beschränkt, ist natürlich allen ein Dorn im Auge, die – aus welchen Gründen auch immer[1] – vor allem von deutschen Bürgern Verzichtsleistungen verlangen. Man darf damit rechnen, dass es nicht lange dauert, bis eins von den beiden folgenden Argumenten angeführt wird:

  1. Die historische CO2-Belastung.
  2. Der importierte CO2-Ausstoß.

Fangen wir bei Nr. 2 an. Natürlich ist es korrekt, dass Güter, die hier verbraucht oder genutzt werden und aus dem Ausland stammen, nur dort in die CO2-Bilanz eingehen. Diese dann aber einfach der inländischen Belastung hinzuzufügen, übersieht den charmanten Aspekt, dass Deutschland eine exportstarke Nation ist, also dass auch viele Güter, die hierzulande unter CO2-Ausstoß produziert werden, nicht inländischem Ge- oder Verbrauch unterliegen. Denken wir dann ferner daran, dass der größte deutsche Handelspartner Frankreich ist, hier also ein Braunkohle-Land Güter an ein Atomkraft-Land liefert, sollte man sich keine größeren Hoffnungen machen, durch den Einbezug internationalen Handels Deutschland dem Pranger ein Stück näher gebracht zu haben.

Mit Punkt 1 argumentierte kürzlich Greta Thunberg, und auch bei der ehemals konservativen F.A.Z. meinen Volontäre, dass dies die entscheidende Kennziffer sei. Offenbar ist der Rang Deutschlands unter den historischen „Verschmutzern“ nicht eindeutig zu beziffern, aber der Punkt ist auch ein anderer: Der Rang unter den historischen CO2-Verbreitern ist für das, was zu tun ist, komplett irrelevant. Denn so lange noch keine Zeitmaschine erfunden wurde, kann Deutschland nur das an CO2 reduzieren, was es heute ausstößt, und das sind eben nur die unmaßgeblichen um die 2%. Und die andere Maßnahme, die auch in die Vergangenheit zielen würde, nämlich der Entzug von CO2 aus der Atmosphäre und seine Einlagerung im Boden, wie in den IPCC-Berichten als erforderliche Maßnahme genannt, gilt in Deutschland als Teufelszeug. Selbstverständlich kann man mit der historischen Belastung dennoch einen besonderen Anteil Deutschlands einfordern, nur ergibt sich die Verwerflichkeit einer Verweigerung dann nicht mehr aus einer Apokalypse, sondern allein aus moralischer Verfehlung. Was man für schlimm halten kann, aber, seien wir ehrlich, nicht für so schlimm wie den Weltuntergang.

Schauen wir uns all diese Argumentationen an, die in der öffentlichen Diskussion natürlich kreuz und quer gehen, so dass dem moralischen Vergehen dann doch mal der Weltuntergang als Konsequenz vorgehalten wird, löst sich zumindest eins komplett in Luft auf: die Rechtfertigung der „Aktivisten“ für ihre Rechtsverstöße. Die mag bei einzelnen Richter:innen (das Gender-: ist hier durchaus pejorativ zu verstehen) zwar auf Sympathie stoßen, aber auch bei den Juristen hat die Logik zugunsten der gefühlischen Haltung mehr und mehr an Boden verloren.

Und das, was von den „Aktivisti“ bemüht sofort als unrealistisch abgekanzelt werden soll, erweist sich als die einzige Chance, die die Menschheit hat, um die Erderwärmung in Grenzen zu halten: der technische Fortschritt. Hier könnte Deutschland in der Tat eine Vorbildfunktion einnehmen, denn solche Lösungen würden in der Welt schneller adaptiert werden als es Patentanwälten Recht sein kann. Man mag die Erfolgsaussichten für gering halten, aber es sind die einzigen, die zur Verfügung stehen. Nicht, dass nicht genug verboten und eingeschränkt wird, ist demnach Deutschlands klimapolitisches Versagen, sondern dass nicht durch mehr staatliche Investitionen (statt Konsumausgaben wie Rentenpakete), auch für ausländische Gründer attraktivere Abgaben, das Ende schulpolitischer Dilettantismus-Experimente und radikalen Bürokratieab- und Digitalisierungsaufbau privatwirtschaftlicher Erfindungsgeist entfesselt wird. Den der Staat dann durchaus durch die Internalisierung externer Effekte fördern darf und soll, aber dafür ist das Emissionshandelssystem schon ein gutes Umfeld.

Stattdessen regiert aber Tonnenideologie. Wirtschaft wird in Sektoren eingeteilt, Grund und Boden in bestimmte Quadratkilometer-Zonen. Auf diese Untergruppen werden dann die eher global definierten Ziele „heruntergebrochen“. Was überhaupt keine Rolle spielt: was die Zielerreichung kostet. Gibt es vielleicht Sektoren, in denen sich CO2-Einsparungen wesentlich leichter erreichen lassen als in anderen? Gibt es Flächen, in denen die Aufstellung von Windrädern sinnvoller ist als in anderen? Spielt keine Rolle – jede Untereinheit hat ihre Vorgaben einzuhalten. Fast, als hätte man sich an ein Handbuch „Wie mache ich es möglichst ineffizient und teuer?“ gehalten. Wir kennen das Muster schon aus der Gleichstellungspolitik. Dass zu gegebenen Zeitpunkten (also keinesfalls unveränderliche) unterschiedliche Interessen unter Männern und Frauen auch unterschiedliche Verteilungen von Talenten mit sich bringen, soll keine Rolle spielen, wenn eine 50:50-„Parität“ angestrebt wird. Jede kleine Untereinheit muss kristallin die generelle Vorgabe wiederspiegeln. Das ist – wie gesagt – Politik nach dem Muster sowjetischer Tonnenideologie, und sie wird denselben Erfolg haben.

[1] Der Werwohlf als Freund klarer, wenn auch hübsch verpackter Aussprache macht sich da keine Illusionen: In der Regel treffen wir hier auf denselben antikapitzaliszischen Geist, der schon vor über 30 Jahren die DDR überschätzte und verharmloste, weil sie dieselbe anti-protagonistische Rolle einnahm wie heute der Klimaschutz.

Was zu Panzern

Folgt man der Twitter-Timeline des Werwohlfs, ist die Sache klar: Scholz ist ein dummer, böser Zauderer, Deutschland blamiert sich und hat die ganze gute Welt gegen sich. Grund: Die Ukraine hätte gerne viele Panzer vom Typ Leopard 2, und die Bundesregierung lässt weder welche aus dem eigenen Land liefern, noch erteilt sie die erforderlichen Genehmigungen dafür, dass andere Länder dies tun.

Man zeihe den Werwohlf der Anwendung einer dummen Bauernregel, aber seiner Erfahrung nach ist bei Themen, bei denen mehr als nur in Interesse im Spiel ist, und das sind eben die meisten, nie alles eindeutig.

Lassen wir erst einmal das übliche Geplänkel beiseite. Der Werwohlf hat weder irgendwelche Zweifel daran, wer der Schurke in diesem grausamen Spiel ist, noch macht er er macht sich Illusionen darüber, wie die Zukunft aussieht, wenn dieser Schurke gestärkt aus dem Krieg hervor geht. Will sagen: Die Ukraine kämpft hier tatsächlich nicht nur mit allem Recht der Welt für sich, sondern ein gutes Stück auch für den Rest Europas – wenn nicht, wenn man die weltweiten Ausstrahlungen bedenkt, für viele andere im Rest der Welt. Man komme ihm also nicht vermeintlich zustimmend mit den üblichen anti-amerikanischen oder anti-westlichen Verschwörungstheorien.

Aber welche Gründe könnte es für die Haltung des Kanzlers geben? Gehen wir sie durch.

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Was zu Vornamen

Dass es politisch von Interesse sein könnte, von welchen Gruppen die Silvester-Krawalle in Berlin, bei denen u.a. Rettungskräfte angegriffen wurden, ausgingen, können eigentlich nur die bezweifeln, die eine Transparenz in diesem Fall verhindern wollen. Natürlich kann man pauschal „junge Männer“ sagen, wird dann aber nicht um die Frage umhin kommen, warum so viele junge Männer eben nicht daran teilnahmen, und ob es nicht eine Konkretisierung dieser Gruppe junger Männer geben könnte, die der eigentlichen Ursache näher auf die Spur käme.

Ein Verdacht in dieser Richtung war, dass Integrationsprobleme eine Rolle spielen könnten. Was aus Sicht des Werwohlfs kaum von der Hand zu weisen ist, wenn eben sogar Rettungskräfte, die ansonsten in der Gesellschaft einhellig gemocht und geschätzt werden, zum Ziel hinterhältiger Angriffe werden.

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Was zu Silvesterausschreitungen

Die Sau ist fast schon durch’s Dorf, und alles ist gesagt, nur noch nicht von jedem (oder jeder), aber dennoch beschäftigt den Werwohlf die Debatte um die Silvester-Krawalle noch. Oder besser: wie darüber diskutiert wird.

Wer als Politiker eher rechts steht (und noch nicht als Nazi entlarvt wurde und deswegen weiter Zugang zu öffentlichen Kanälen hat), macht stante pede „die gescheiterte Integration“ der Zuwanderer verantwortlich. Wogegen sich prompt der linke Widerstand meldet, wonach nichts mit Herkunft oder Religion zu tun haben kann (wohl besser: darf), sondern allein mit sozialen Missständen. Und so „diskutieren“ sie dann ewig weiter, bis dass der Tod sie scheidet. Getan wird natürlich nichts, jedenfalls nichts Zielführendes. Vielleicht gibt es härtere Strafen für Angriffe auf Polizei und Rettungsdienste, vielleicht wird vorsichtshalber gleich mal für alle das Böllern[1] verboten, und vielleicht gibt es mehr Geld für linke Vorfeldorganisationen aus den üblichen Töpfen, weil in Wirklichkeit nur der Rassismus der Mehrheitsgesellschaft verantwortlich war, den es dieser auszutreiben gilt.

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Bindenwerbung

Was findet da eigentlich gerade in Katar (oder neuerdings, weil nur englische Namen korrekte Namen sind: Qatar) statt? Folgt man den Medien, dann muss es sich wohl um eine gigantische Werbeveranstaltung handeln, obwohl auch noch hartnäckig behauptet wird, es ginge in erster Linie um eine Fußball-Weltmeisterschaft.

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Was zum Eigentümerwechsel bei Twitter

Seit feststand, dass Elon Musk der neue Eigentümer von Twitter ist, scheint in „Linkstwitter“ so etwas wie die nackte Panik ausgebrochen zu sein. Man propagiert sogar den Wechsel zu Mastodon, allerdings auf Twitter, was dem Wechsel einen Hauch Glaubwürdigkeit nimmt. Es scheint vor allem zwei Befürchtungen zu geben, die beide sehr Bezeichnendes über die linke Twitter-Blase aussagen.

Befürchtung 1 wäre, dass Musk, wie er auch angekündigt hat, der Redefreiheit einen weitaus höheren Stellenwert beimessen wird als dies noch unter den alten Eigentümern der Fall war. So könnte nicht nur der Account von Ex-Präsident Donald Trump wieder freigegeben werden, auch die inzwischen gängigen Sperren von Usern, die durch das Verbreiten von Fakten gegen woke Tabus verstoßen, könnten ein Ende haben. Mit anderen Worten: Linken könnte widersprochen werden, ohne dass sich der Widerspruch durch massenhaftes Melden unterdrücken ließe. Natürlich wird das anders verpackt, nämlich als Sorge davor, von nun an könnten „Hass und Hetze“ (ein unter Linken übliches Synonym für den oben erwähnten Widerspruch) überhand nehmen und die Gesprächskultur zerstören. Wer als Nicht-Linker oder auch als Linker mit gesundem Menschenverstand (selten, aber existent…) auf Twitter unterwegs ist, wird sich natürlich fragen: Welche Gesprächskultur?

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Eine kleine Moritat

Unternehmer U hat sich vor 20 Jahren mit einem kleinen Betrieb selbständig gemacht. Zusammen mit 10 Mitarbeitern bedient er eine kleine Nische im B2B-Markt. Die Leitung seines kleinen Unternehmens nimmt einen wesentlichen Teil seiner Arbeitszeit in Anspruch, aber er lässt es sich nicht nehmen, hin und wieder auch selbst Hand anzulegen. Allerdings gelingt ihm das immer seltener, denn jedes Jahr ist er mit neuen gesetzlichen Regelungen konfrontiert, die in der Regel darin münden, dass er gut funktionierende Abläufe umstellen und zusätzliches Geld ausgeben muss. Bislang konnte er seine Mitarbeiter an der allgemeinen Lohnentwicklung teilhaben lassen. Während der Finanzkrise überbrückte er eine Durststrecke, indem er Geld aus eigenem Vermögen beisteuerte, damit er niemanden entlassen musste. U erzielt mit seinem Unternehmen gute, aber keine exorbitanten Gewinne, arbeitet aber auch 12 Stunden am Tag und am Wochenende. Dennoch zahlt er als Unternehmenseigner unweigerlich den Einkommensteuer-Spitzensatz, plus Gewerbesteuer. Von dem, was übrig bleibt, legt er für sein Alter zurück oder steckt es wieder in den Betrieb. Er kann sich nicht daran erinnern, wann er zuletzt Urlaub gemacht hat – Frau und Kinder fahren meist alleine.

Checker C brach vor 20 Jahren den letzten Schulversuch ab, den eine gutmeinende Front aus Lehrern und Sozialarbeitern ihm noch nahe legen konnte. Das frühe Aufstehen, um zur Schule zu gehen, wo man ihm ohnehin nur unverständliches Zeugs erzählte, entsprach nicht seinen Vorstellungen von einem guten Leben, und lieber hing er mit seinen Kumpels auf dem Bahnhofsplatz oder neben dem Parkhaus ab. Inzwischen bezog er ALG II. Er bekam eine Wohnung zugeteilt, um deren Kosten er sich nicht zu kümmern brauchte. Nervig war nur die Arbeitsagentur, die immer wieder etwas von ihm wollte, was ihn wegen des erforderlichen Aufstehzeitpunkts wieder verdächtig an Schule erinnerte. Zum Glück ersparte ihm die neue Bundesregierung das erstmal. Für Bier und Zigaretten reicht das Geld, erst recht, wenn er sich unter der Hand mal etwas dazuverdient, indem er hier und da etwas Nachbarschaftshilfe leistet. An Lebensmittel kommt er durch die Tafel billig heran. Einkommensteuer zahlt C keine.

Während U noch am Schreibtisch sitzt, um eine statistische Erhebung auszufüllen, hat es sich C vor dem Fernseher bequem gemacht. Eine Politikerin erzählt mit ernster Miene von den Problemen der Ärmsten, die mit ihrem Geld nicht mehr auskämen. C nickt. Die Frau weiß Bescheid. Jetzt fordert sie eine Vermögensabgabe.

„Die starken Schultern müssen mehr tragen!“ deklamiert sie feierlich. Sie meint U.

Es gibt vorhersehbare Reaktionen auf diesen Beitrag. Um einigen Zeitgenossen einen ungesunden Blutdruck zu ersparen, sei an dieser Stelle erwähnt, dass es sich oben um bewusst extreme Gegensätze handelt, die keinesfalls repräsentativ für Einkommensklassen stehen sollen. Sie sind als Gegengewicht zu den Erzählungen von faulen, reichen Rentiers gedacht, denen unverschuldet in Armut geratene alter Mütterlein gegenüberstehen – eine nicht viel wahrscheinlichere Konstellation, die aber in den Medien eine gewisse Popularität genießt. Letztlich geht es dem Werwohl darum aufzuzeigen, dass das Gequatsche von „starken Schultern“, wenn es um Einkommen oder Vermögen geht, bestenfalls nur die halbe Wahrheit abbildet.

Was zur Arbeitszeiterfassung

Zwei extrem weise Gerichte haben, in gebotenem zeitlichen Abstand voneinander, Urteile gefällt, dass vertraglich geschuldete Arbeitszeiten penibel zu erfassen seien. Insbesondere die in vielen Unternehmen übliche „Vertrauensarbeitszeit“, wonach auf eine Erfassung und Dokumentation der Arbeitszeit verzichtet werden kann, verlöre damit ihre Grundlage.

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