Was zu Frauen-Fußball

Wenn es nach jüngsten (natürlich von Frauen verfassten) Kommentaren im Netz geht, ist natürlich schon diese Überschrift despektierlich. Nix „Frauen-„Fußball, sondern einfach nur Fußball. Leider lässt sich der Werwohlf nicht ausreden, dass es verschiedene Leistungsniveaus im Fußball gibt, und das der Frauen ist nun leider nicht vergleichbar mit dem der Männer in dieser Sportart[1]. Da kann die eine Kommentatorin noch so non-chalant mit einem

Nur weil auf irgendeinem Sportplatz der Republik mal eine Jugendmannschaft gegen ein Frauenteam gewonnen haben soll, gilt das nicht automatisch als Gesetz.

https://www.gmx.net/magazine/sport/fussball/replik-olaf-thon-fussball-37147050

darüber hinwegzugehen versuchen, aber auch wenn es kein Gesetz ist, weil uns allen immer noch der Himmel auf den Kopf fallen könnte und es solche und solche Jugend- und Frauenteams gibt, so lässt sich der körperlich bedingte Leistungsunterschied bei Sportarten, in denen es stark auf Schnellkraft ankommt, nun mal nicht wegdiskutieren. Auch wenn solche Fakten „nicht mehr zeitgemäß“ sein sollen – oder besser, sie zu benennen.

Besagte Kommentatorin kann es auch kaum erwarten, die Zugehörigkeit zu Frauen- und Männerteams vom Gefühl der jeweiligen Person abhängig zu machen. Nun gehört der Werwohlf zu der Gattung Wohlf, die sich nicht für Frauen-Fußball interessiert. Verstehen wir uns nicht falsch – auch der Werwohlf findet den Auftritt der Frauen bei der WM sehr erfrischend und sympathisch, und wenn man von der objektiven Spielstärke absieht, gibt es einige Dinge, die ihm dort besser gefallen als bei den männlichen Konterparts. Die haben aber zu einem großen Teil damit zu tun, dass im Frauen-Fußball – sehr zum Leidwesen aller Quoten-Freunde – zumindest in Europa einfach weniger Geld im Spiel und damit der allseitige Druck auch nicht so intensiv ist wie bei den männlichen Kollegen. Das erlaubt es den Protagonistinnen, menschlicher, sympathischer und rundum authentischer aufzutreten. Während männliche Fußballer (das Adjektiv ist zum Verständnis erforderlich – generisches Maskulinum…) in Interviews nach dem Spiel kaum anders klingen als Politiker (nicht nur die männlichen…) am Wahlabend, plaudern die jungen Damen doch eher frei von der Leber weg, und das nimmt einfach für sie ein. Die Fußballerinnen müssen auch nicht den sterbenden Schwan spielen, wenn sie gefoult wurden – Kosten und Nutzen stehen da in keinem Verhältnis.

Aber zurück zum ersehnten, woken Kunterbunt: Dem Fußball, also dem der Männer, kann es egal sein. Frauen, die sich als Mann identifizieren, dürften in Profiteams keine Chance haben – eben wegen dieser vermaledeiten, unwoken Biologie. Umgekehrt können Männer, die sich als Frau identifizieren, in Frauenteams groß raus kommen. Ob das dem Fußball gut tut, der gerade für viele so attraktiv über die Bildschirme flimmert[2], wagt der Werwohlf zu bezweifeln.

Die andere Kommentatorin sieht, wie das in Journalistenkreisen üblich ist, überall die berühmt-berüchtigten Strukturen am Werk und prangert die Fernsehsender an, den Frauen-Fußball „klein gehalten“ zu haben. Allerdings stand es schon bisher jedermann (und, wenn man unbedingt will, auch jederfrau) frei, Frauen-Fußballspiele zu besuchen. Und tatsächlich wurde auch schon bisher das eine oder andere Spiel der Frauen-Bundesliga im Fernsehen übertragen – sogar die kleinen Tribünen der jeweiligen Stadien waren da eher spärlich besetzt. Was sie wohl eher meint: Der Frauen-Fußball wurde nicht genug gehypet (schreibt man das so?). Das versucht man jetzt nachzuholen, und es ist tatsächlich nicht auszuschließen, dass er dadurch populärer wird. Boris Becker und Steffi Graf haben immerhin auch viele Deutsche zum Tennisschläger greifen lassen, die mit diesem Sport vorher nichts am Hut hatten. Der letzte Versuch eines solchen Hypes mit „Dritte Plätze sind was für Männer!“ ging allerdings nach einem Aus in der Vorrunde in die Hose, auf das der WM-Sieg der Männer-Mannschaft folgte. Vielleicht klappt es diesmal besser. Dafür spricht, dass es gelungen ist, Stars aufzubauen: Alexandra Popp oder Jule Brand zum Beispiel. So etwas ist erforderlich in einer Medienwelt, in der Personalisierung der Königsweg schlechthin ist.

Besagte Kommentatorin meint dann

Als Nächstes reden wir dann über die Bezahlung.

https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/frauenfussball-em-beschert-ard-und-zdf-millionen-zuschauer-18205450.html

Natürlich kann sie darüber reden, wie sie will. Nur, wie hoch die Bezahlung dann wirklich ausfällt, entscheidet in einer freien Gesellschaft kein runder Tisch aus woken Journalistinnen, sondern das Verhältnis von Angebot und Nachfrage. Wenn, wie im Endspiel in Wembley erwartet, immer so um die 90.000 Zuschauer in die Stadien strömen, wenn der neue Hype die Nachfrage nach Trikots von Popp oder Brand in lewandowskische Höhen steigen lässt und wenn sich die Sponsoren um einen Platz auf Ärmel auf eines Fußballerinnen-Trikots streiten, dann braucht niemand mehr zu reden: Dann geht es auch da ab. Aber wo kein Geld im Spiel ist, gibt es auch keins zu verteilen. Und wenn das Geld ins Spiel kommt, dann dürfte nach und nach viel von dem verloren gehen, was den Frauen-Fußball bislang als den vielleicht sympathischeren erscheinen lässt.

In den USA zum Beispiel sieht die Sache schon anders aus. Da gilt Fußball (trotz Klinsmann!) vor allem als Frauensport und ist als solcher sehr populär. Demzufolge haben die Nationalspielerinnen auch kein Problem, bei ihrem Verband eine den Männern vergleichbare Bezahlung einzufordern, zumal sich deren Erfolgserlebnisse in einem vergleichbar eher engen Rahmen bewegen.

Zum Schluss noch eine Beobachtung, die den Werwohlf besonders interessiert, weil er in Sachen Personal“führung“ immer Parallelen zu Wirtschaft zieht:

Offensichtlich ist es dem Trainerteam um Martina Voss-Tecklenburg gelungen, aus vielen Einzelspielerinnen, denen man vorher nicht allzu viel zutraute, ein verschworenes Team zu formen. Wie es im Detail gelang, lässt sich von außen nicht nachvollziehen, aber auffällig ist, wie viel da von „Vertrauen“ die Rede ist. Anscheinend fühlen sich alle Spielerinnen, selbst die Bankdrückerinnen, so hinreichend wertgeschätzt, dass sie der Trainerin vertrauen, die beste Startelf zusammenzustellen, und sie zahlen es ihrerseits zurück, wenn sie ins Spiel kommen. Exemplarisch zeigte sich das im Fall Alexandra Popp: Sie war lange verletzt, kurz vor dem Turnier kam noch eine Corona-Infektion dazu, und dennoch war es wohl keine Frage, dass sie Mitglied dieses Teams sein würde. Wahrscheinlich rechnete Voss-Tecklenburg damit, dass ihre Kapitänin nach vielen verpassten Gelegenheiten besonders motiviert sein würde, an einer EM teilzunehmen, aber sie zeigte damit auch, dass sie Vertrauen ihre Spielerinnen sogar dann hat, wenn diese ihre gewohnte Leistung für einige Zeit nicht zeigen konnten. Natürlich wäre der Schuss nach hinten losgegangen, wenn Popp sich zum Chancentod entwickelt hätte, aber solche Risiken muss eine Führungskraft wohl ab und zu eingehen. So, wie es dann lief, hat es der Entwicklung des Teams noch einen zusätzlichen Schub verliehen. Bemerkenswert.

In diesem Zusammenhang ist es eigentlich nicht unbedingt ersichtlich, warum es noch keine Trainerinnen in der Bundesliga gibt. Was spricht (außer dem aktuell sehr kleinen Pool, der dafür überhaupt in Frage kommen dürfte) dagegen?

[1] Natürlich fegt die Frauen-Bundesligamannschaft des VfL Wolfsburg jede Thekenmannschaft vom Platz. Aber bei einem nicht so ganz so weiten Spektrum zwischen Profi und Amateur wird es immer knapper.

[2] Heute flimmert da nichts mehr, aber es gehört sich, diese Metapher zu bringen.

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