Schluss mit der Tarnung

Es mag Teile des medial-politischen Komplexes geben, die bereit sind, Demonstranten aus dem Spektrum von „PEGIDA“ ernst zu nehmen und mit ihnen den Dialog zu suchen – was selbstverständlich etwas anderes ist, als deren Vorstellungen zu übernehmen. 

Aber es gibt auch solche, die sich anstrengen, PEGIDA Recht zu geben. 
Der Fraktionschef der SPD im Bundestag, Thomas Oppermann, bezeichnete die Einwanderungspolitik als „das vermutlich wichtigste Thema des kommenden Jahrzehnts“. Damit müsse man „viel offensiver umgehen“.

Die Union habe jahrzehntelang behauptet, Deutschland sei kein Einwanderungsland. „Diese Position ist nicht mehr zu halten“, sagte Oppermann. Ohne die „Binnenwanderung von vielen europäischen Facharbeitern nach Deutschland hätten wir heute in der Bundesrepublik kein Wachstum und auch keine Überschüsse in den Sozialkassen“, erklärte er weiter. Die Freizügigkeit in der EU sei „für uns Deutsche – auch ökonomisch – ein großes Glück“.

Fast könnte dieser Beitrag von Obi oder Hornbach gesponsort worden sein, so sehr erfreut er sich am Aufbau eines Strohmanns. Als ob sich die Kritik der Demonstranten gegen aus der EU einwandernde Facharbeiter richten würde. Das tut sie sogar explizit nicht. Dass Herr Oppermann dennoch den Eindruck erwecken will und SPON ihm dabei unkritisch assistiert, untergräbt dann auch jede Glaubwürdigkeit, wenn es darum geht, pauschale Kritik an den Medien zurückzuweisen.

Der Vorsitzende der Grünen, Cem Özdemir, sieht die Republik angesichts der Demonstrationen des Bündnisses Patriotischer Europäer gegen die Islamisierung des Abendlands (Pegida) „jetzt vor einer Prüfung“. Er forderte Bundeskanzlerin Angela Merkel dazu auf, „sich klar zu bekennen, dass Deutschland ein Einwanderungsland ist und dass wir davon profitieren“. Merkel müsse in dieser Frage politische Führung übernehmen. „Für eine vernünftige Einwanderungspolitik muss man auch kämpfen“, sagte Özdemir.

Das von Özdemir angeblich schmerzlich vermisste Defizit wurde – zumindest für Otto Normalverbraucher und die PEGIDA-Demonstranten – doch längst beseitigt. Manche finden sogar: zu gebetsmühlenartig, zu undifferenziert. Was sich hingegen Özdemir unter „vernünftiger Einwanderungspolitik“ vorstellet, lässt er, wie üblich bei solchen Fragen, natürlich offen. 

Was wir hier erleben, ist der übliche Versuch, abweichende Stimmen dadurch zu verbannen, dass man auf der einen Seite Dogmen aufstellt, auf der anderen hingegen Widerspruch so umdeutet, dass man ihn um so leichter tabuisieren kann. Das ist kein neues Vorgehen. Die katholische Kirche hat das bereits für Jahrhunderte praktiziert, und so fand sich dann manch bibeltreuer Christ als Apologet des Teufels gebrandmarkt und letztlich auch verbrannt. 

Es hilft nichts: Wer den Gegnern der derzeitigen Asyl- und Einwanderungspolitik etwas entgegensetzen will, sollte dies zuallererst auch mal operationalisierbar formulieren, statt moralisch wohlfeile Urteile abzugeben. Erst dann wird nämlich Politik möglich.

2 Gedanken zu „Schluss mit der Tarnung

  1. Erling Plaethe

    Was ich sehr verlogen finde, ist, dass mit der aktuellen Asylpolitik Einwanderungspolitik gemacht wird. Die Asylpolitik sogar mit der Notwendigkeit von Einwanderung begründet wird. Und weil dies so ist, gibt es keine Einwanderungspolitik.
    Stattdessen plädieren Politiker für eine großzügige Asylpolitik, damit sie sich mit einer berechenbaren Einwanderungspolitik, die auf strikte Ablehnung durch die Gewerkschaften (Lohndumping) und andere Asylpolitik – Befürworter stoßen würde, nicht auseinandersetzen müssen.
    So selektieren sie aus den Asylanten die heraus, die sie brauchen und lassen den Rest ein Leben als Bettler führen, denn den Niedriglohnsektor der durch den Mindestlohn abgeschafft wird, könnte auch für die Flüchtlinge Arbeit bieten, deren Ausbildung gering qualifiziert ist.
    Wenn ihnen überhaupt erlaubt wird, zu arbeiten.

    Gäbe es allerdings eine Einwanderungspolitik, würde man diese gering Qualifizierten gar nicht erst ins Land lassen – ganz einfach weil man sie nicht braucht.

    Also fordern die Freunde der Alimentierung und Kleinhaltung anderer Menschen eine Einwanderungspolitik wie sie ein Atommüllendlager fordern. In dem sie alles daran setzen, ihre Forderung unerfüllbar zu machen.

    Antwort
    1. Werwohlf Autor

      Ach, es ist doch einfach so, dass Leute, die deutschen Selbsthass kultivieren und/oder sich vor allen anderen als moralisch überlegen produzieren möchten, gar nicht genug „Ausländisches“ im Land haben können – und zwar je exotischer und fremder, um so besser. Und wenn die Menschen, die diesem Ruf folgen, dann dem natürlichen Impuls nachgeben und beginnen, sich nicht nur zu „integrieren“ (also sich mit Unterstützung ihrer vermeintlichen „Freunde“ im deutschen Staat einzurichten), sondern sogar zu „assimilieren“ (also wenigstens zum Teil einheimische Sitten und Gebräuche anzunehmen), geben sich diese „Unterstützer“ alarmiert und werden zu radikalsten Verteidigern archaischen Brauchtums der Einwanderer. Diese vorgeblichen Gut- und Bessermenschen instrumentalisieren Einwanderung für ihre eigenen Lifestyle-Bedürfnisse.

      Dabei würde es nicht nur dem aufnehmenden Land, sondern auch den ihn dieses einwandernden Menschen helfen, wenn die Bedingungen der Aufnahme klar wären (Quotensystem für benötigte Zuwanderung, Kontingente für Flüchtlinge, Asyl für Asylberechtigte) und auch für jede Gruppe jeweils angepasste Integrationsangebote bereit stünden. Aber das erforderte zwei Dinge, mit denen die Politik es nicht so hat: Erstens die Wahrheit sagen, zweitens die Konsequenzen, also vor allem die monetären und nicht-monetären Kosten, des edlen Handelns benennen und finanzieren.

      Antwort

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